Die Private Krankenversicherung
Neben der Gesundheitsreform, die die Beiträge der Versicherten zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) immer höher ansteigen lässt, sollte auch innerhalb der Privaten Krankenversicherung (PKV) der Anreiz erhöht werden, an einen eventuellen Wechsel zu denken. Angesichts der hohen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung stellt ein Wechsel in die PKV in vielen Fällen eine hohe Ersparnis dar. Da in der PKV die Beiträge unabhängig vom Einkommen berechnet werden, kommt es bei der Gesamtbelastung oftmals zu deutlichen Beitragssenkungen. Eine weitere Voraussetzung ist das Jahreseinkommen, das mindestens 50.850 Euro (Versicherungspflichtgrenze 2012) betragen muss, damit überhaupt die Variante der PKV gewählt werden kann. In allen anderen Fällen verlangt der Gesetzgeber zwingend die Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der GKV.
Wer sich für die PKV entscheidet, sollte sich nicht nur seiner Vorteile, sondern auch aller Nachteile und Risiken bewusst sein. Junge Menschen sind hiervon nur bedingt betroffen, mit zunehmendem Alter steigen jedoch die Beiträge in der PKV deutlich an. Hinzu kommt eine sog. Altersrückstellung, die gemeinsam mit dem monatlichen Versicherungsbeitrag entrichtet werden muss. Diese Rückstellung dient dazu, weitere Anstiege der Prämien im Alter abzumildern. Versicherte, die relativ spät in die PKV einsteigen, werden nicht unbedingt in diesen Genuss kommen, da einfach nicht ausreichend Beiträge in die Rückstellung bezahlt werden konnten.
Die richtige Zielgruppe
Versicherte mit Kindern oder diejenigen, die Kinder zu einem späteren Zeitpunkt wünschen, müssen wissen: Sind die minderjährigen Kinder in der GKV noch voll bei den Eltern mitversichert, müssen in der PKV für jedes einzelne Kind Beiträge entrichtet werden. Hier ist rechnen angesagt, denn ein einmal privat Versicherter kann auch nicht mehr nur einfach zurück in die GKV wechseln. Eine medizinische Grundversorgung ist hingegen für alle gesichert – denn seit dem 1.1.2009 gibt es den sog. Basistarif. Dieser ist vergleichbar mit dem der gesetzlichen Versicherung. Eintrittsberechtigt in diesen Tarif sind Versicherte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Zudem spielt es auch keine Rolle, ob bereits Vorerkrankungen vorliegen. Insgesamt muss allen Interessenten, egal ob PKV oder GKV, klar sein, dass auch dann Versicherungsbeiträge entrichtet werden müssen, wenn jemand das Rentenalter erreicht hat. Ein eventueller Wechsel kann daher nur im Einzelfall entschieden werden.
Wer sich für die PKV entscheidet, muss wissen, dass sich die Höhe der Beiträge u.a. nach dem Krankheitsrisiko des Versicherten und seinem Beruf richtet. Wer viel verdient und nur wenig krank ist, für den rentiert sich die PKV in jedem Fall. Hier sind entsprechend auch die Beiträge in der PKV deutlich niedriger als in der GKV. Dennoch erhält der Versicherte mehr Leistungen (Pflaster, Hustenmedikamente, keine Zuzahlungen etc.). Wichtig sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem PKV-Vertrag zugrunde gelegt werden. Hierbei muss darauf geachtet werden, welche Leistungen im Einzelfall im Versicherungsumfang einbezogen werden. Die Leistungen der PKV müssen auf die Zielgruppe entsprechend zugeschnitten sein.
Nicht zu unterschätzen: Der Gesundheitszustand
Wer Mitglied werden will in einer PKV, muss zahlreiche Gesundheitsangaben wahrheitsgemäß beantworten, da der Versicherte ansonsten mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen muss. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie psychischen Erkrankungen (Depression, Suchterkrankung etc.) finden so gut wie gar keinen Schutz in der PKV, sie werden bereits im Vorfeld abgelehnt. Wer dennoch Zutritt findet, muss mit hohen Risikozuschlägen rechnen. Interessenten unter 40 Jahren mit einem guten Gesundheitszustand können im Gegensatz zur GKV in der PKV bis zu 2.000 Euro jährlich sparen. Wer in der PKV über einen Zeitraum von 12 Jahren überhaupt nicht zum Arzt musste, wird zudem mit Rückerstattungen belohnt. Teilweise sind mehrere Monatsbeiträge Ersparnis möglich. Eine PKV lohnt sich deshalb für angestellte und selbständige Singles, für kinderlose Doppelverdiener-Ehepaare, für Beamte mit staatlicher Beihilfe (abhängig von der Zahl der mit zu versichernden Personen), für Familien mit nur einem Kind, für allein versicherte Studenten ab 30 Jahren bzw. ab dem 15. Semester (sofern das Studium bis zum 34. Lebensjahr abgeschlossen wird).
Es lohnt sich nicht für Familien ab zwei Kindern und nur einem Verdiener. Weiter zu beachten: Junge Frauen in der PKV, die heiraten und Kinder bekommen, können nicht beitragsfrei in die gesetzliche Kasse des Ehemannes wechseln! Es gibt somit keine kostenlose Familienversicherung!
Wichtige Details bei der PKV
Beteiligung des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber übernimmt grundsätzlich die Hälfte der Monatsprämie für die Krankenversicherung einschließlich der Tagegelder. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, mehr zu zahlen als die Hälfte des Höchstbeitrages der örtlichen AOK. Gesetzlich Versicherte, die private Zusatz- oder Ergänzungspolicen vereinbaren, bekommen dafür keinen Zuschuss vom Arbeitgeber. Bei Familien beteiligt sich der Arbeitgeber auch an den Prämien für die privaten Policen des nicht berufstätigen Ehepartners und der Kinder. Die Auswahl der Gesellschaft: Den passenden Schutz finden Interessenten nur, wenn sie Angebote mehrerer Versicherer vergleichen. Das lohnt sich selbst dann, wenn eine Gesellschaft schon zwei oder drei Tarifwerke zur Auswahl stellt. Außerdem gilt: Versicherer mit günstigen Policen für Männer haben nicht immer auch gute Angebote für Frauen oder Kinder. Gesellschaften, die bei der Vollversicherung auf den ersten Plätzen rangieren, schneiden bei den Zusatzpolicen manchmal schlechter ab. Tipp: Nicht automatisch alle Familienmitglieder bei einer Gesellschaft versichern. Probeanträge stellen.
Die Selbstbeteiligung: Versicherte, die sich an den Kosten für die ambulante Heilbehandlung beteiligen, zahlen niedrigere Prämien. Einige Gesellschaften bieten auch eine gemeinsame Selbstbeteiligung für die ambulante, stationäre und zahnärztliche Heilbehandlung an. Der Selbstbehalt wird nicht pro Behandlung, sondern nur einmal im Jahr auf die gesamten Behandlungskosten berechnet. Bei Tarifen mit prozentualem Selbstbehalt sollte daher ein Höchstbetrag vereinbart werden. Für Arbeitnehmer lohnt sich der Selbstbehalt vor allem dann, wenn sich der Arbeitgeber daran beteiligt. Arbeitgeber können bis zu 500 Euro pro Jahr als Beihilfe für Krankheitskosten steuerlich geltend machen. Deshalb lohnt sich hier ein Nachfragen, ob der Arbeitgeber bereit ist, zumindest einen Teil vom Selbstbehalt zu übernehmen. Optimaler Selbstbehalt: Werden Leistungen in Anspruch genommen, kann ein Tarif mit Selbstbehalt trotz Beitragsersparnis unterm Strich teurer sein als ein Angebot ohne Selbstbeteiligung. Um solche Überraschungen auszuschließen, sollten Interessenten den optimalen Selbstbehalt bestimmen. Dazu wird der Selbstbehalt durch zwölf geteilt und zur eigenen monatlichen Beitragszahlung addiert. Die Summe lässt sich dann mit der Prämie eines anderen Tarifes, der keine oder eine andere Selbstbeteiligung vorsieht, vergleichen. Tipp: Beim Vergleich Selbstbehalt und Arbeitgeberzuschuss berücksichtigen.
Das Krankenhaustagegeld: Privat Krankenversicherte, die im Krankenhaus behandelt werden, können über das Tagegeld zusätzliche Kosten, zum Beispiel für eine Haushaltshilfe, absichern. Zusätzliche Ausgaben lassen sich aber auch über das Krankentagegeld bezahlen. Tipp: Für den Notfall selbst oder über Krankentagegeld vorsorgen. Das Krankentagegeld: Arbeitnehmer können ein Tagegeld nach Ende der Lohnfortzahlung vereinbaren, Selbständige schon vom vierten Tag der Krankheit an. Das Krankentagegeld darf nicht höher sein als der Nettoverdienst plus Abgaben für die gesetzliche Rentenversicherung. Im Antrag sollten die Sozialabgaben extra aufgeführt werden, damit sich der Versicherer im Schadensfall nicht auf das Bereicherungsverbot beruft und die Zahlung kürzt. Je später die Zahlung beginnt, desto günstiger ist der Beitrag. Deshalb lohnt es sich vor allem für Selbständige, Karenzzeiten bis zum Beginn der Zahlungen zu vereinbaren. Günstig ist auch, die Zahlungen zu staffeln, also für die ersten Wochen nur einen niedrigen Betrag zu vereinbaren. Kein Krankentagegeld gibt es bei einigen Gesellschaften z. B. bei Schwangerschaften und Entziehungskuren. Tipp: Auf die Leistungsausschlüsse achten, Zahlungen staffeln oder erst möglichst spät beginnen lassen.
Die Erhöhung des Krankentagegeldes: Nach einer Gehaltserhöhung kann es sinnvoll sein, das Krankentagegeld an das gestiegene Einkommen anzupassen. Bei einigen Versicherern ist eine Anpassung problemlos bis zu zwei Monaten nach der Gehaltserhöhung möglich. Häufig verlangen die Versicherer eine Risikoprüfung und nehmen einen Risikozuschlag, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert. Es lohnt sich aber nicht, Vollversicherung und Krankentagegeld bei zwei Gesellschaften abzuschließen. Denn die Krankentagegeldversicherer verzichten nur dann auf ihr ordentliches Kündigungsrecht in den ersten drei Jahren, wenn gleichzeitig eine Vollversicherung bei der Gesellschaft besteht. Daher Fristen beachten, Tagegeldanpassung auf Probe beantragen. Die Wartezeiten: Hat die Gesellschaft den Antrag auf Versicherung angenommen, müssen Versicherte meist noch drei Monate warten, bevor sie Leistungen in Anspruch nehmen können. Für Behandlungen beim Zahnarzt oder Kieferorthopäden sowie für Zahnersatz, Entbindungen und Psychotherapie dauert die Wartezeit acht Monate. Gesetzlich Versicherte, die zur privaten Krankenversicherung wechseln, können sich die Versicherungszeiten anrechnen lassen. Wer den privaten Versicherer wechselt, muss in der Regel ein selbst bezahltes, ärztliches Gutachten vorlegen, damit die Wartezeit erlassen wird. Keine Wartezeit gibt es für Behandlungen nach einem Unfall. Tipp: Einige Gesellschaften verzichten auf Wartezeiten.
Die Kostenerstattung: Die Krankenversicherer übernehmen nur dann die Kosten, wenn sich der Patient von einem niedergelassenen Arzt oder einem zugelassenen Heilpraktiker oder Therapeuten behandeln lässt. Krankenhäuser müssen bestimmten Voraussetzungen genügen, also z. B. unter ständiger ärztlicher Leistung stehen und Krankengeschichten führen. Für Krankenhäuser, die neben der stationären Behandlung auch Kuren oder Sanatoriumsaufenthalte anbieten, sollten Versicherte vorher bei ihrer Gesellschaft eine Leistungszusage einholen. Rechnungen von Kliniken und Instituten, die als GmbH firmieren, sowie von Ärzten, die bei einer GmbH angestellt sind, bezahlen die Versicherer häufig nicht. Im Zweifel vor der Behandlung beim Versicherer nachfragen. Der Kostenvoranschlag: Viele Versicherer verlangen bei größeren Behandlungen einen Kostenvoranschlag. Das gilt vor allem beim Zahnersatz für zwei oder mehr Zähne. Versicherte sollten sich daher vom Zahnarzt vor Behandlungsbeginn einen Heil- und Kostenplan aufstellen lassen und diesen dem Versicherer einreichen, sonst droht eine Leistungskürzung. Der Kostenvoranschlag ist auch sinnvoll, um etwa die Erstattung medizinisch nicht notwendiger Keramikverblendungen zu klären.
Bei Arbeitslosigkeit: Privat Versicherte werden bei Arbeitslosigkeit automatisch gesetzlich krankenversichert. Voraussetzung: Es besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld. Wer ein halbes Jahr gesetzlich versichert war, kann in der Krankenkasse bleiben oder zur privaten Versicherung zurückkehren. Der Vertrag bei der privaten Krankenversicherung kann während der Arbeitslosigkeit bis zu zwei Jahren beitragsfrei ruhen, die bis dahin angesparte Alterungsrückstellung bleibt erhalten. Tipp: Anwartschaftsversicherungen abschließen, um höhere Beiträge bei der Rückkehr zu vermeiden. Streitschlichtungen: Bei Streit mit den Gesellschaften hilft das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (Postfach 150280, 10664 Berlin). Werden Versicherungsverträge über Banken abgeschlossen, gilt als Beschwerdestelle der Bundesverband deutscher Banken (Postfach 100555, 50445 Köln). Beispielfall aus der Praxis: Verstirbt ein Privatpatient, bevor er seine Arztrechnung bezahlt hat, kann der Arzt nicht einfach sein Honorar vom Ehegatten fordern (OLG Köln, Az. 27 U 110/91).
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